Entbuschung

Herbstweide

Der Herbst war aussergewöhnlich mild und unsere Ziegen weiden immer noch draussen. Die genügsamen und zähen ProSpecieRara-Rassen kommen gut mit den kühleren Nächten zurecht.

Beweidung der Walliser Felsensteppen

Die Felsensteppen am Südhang des Rhonetals zwischen Sitten/Sion und Brig sind einzigartige Lebensräume. Durch die Steilheit des Geländes und die geringe Humusschicht entstehen artenreiche, wertvolle Trockenwiesen und -weiden, die man so schweizweit fast nur im Wallis findet. Sie setzen sich aus einem Mosaik aus Pionierfluren, Steppen und Gebüsche zusammen, die an die extreme Trockenheit und Kontinentalität dieser Standorte angepasst sind.

Der Naturpark Pfyn-Finges schreibt dazu:

In der Walliser Felsensteppe leben verschiedene seltene Vogelarten (z.B. Ortolan), Reptilien (z.B. Smaragdeidechse) und Insekten (z.B. Eselsdisteldickkopffalter). Die Vegetation wird von speziellen Arten wie Steppengras und Perückenstrauch geprägt.

Die Walliser Felsensteppe gedeiht an den wärmsten und trockensten Stellen, auf steinigen Böden und sogar auf Fels. Sie setzt sich aus einer speziellen Flora und Fauna zusammen und erinnert an die grossen Steppengebiete des kontinentalen Asiens.

Die Capra Grigia, Nera Verzasca und Bündner Strahlenziegen von Faunus - ProSpecieRara-Rassen - beweideten bis vor ein paar Tagen die Felsensteppe oberhalb von Susten. Früher grassten dort regelmässig Ziegen und Schafe. Die Vegetationsdecke war damals viel lockerer. Als diese Nutzung aufgegeben wurde, verbrachten die Felsensteppen, was viele Arten gefährdete.

Heute schafft die zielgerichtete, extensive Beweidung, wie sie Faunus betreibt, die typischen Vegetationsstrukturen dieser Lebensräume und stellt die spezifischen Lebensbedingungen für gefährdeten Arten, wie dem weissgesäumten Würfelfalter und der gemeinen Schlupfsame wieder her.

Engadinerschafe erhalten den Artenreichtum unserer Alpen

Verbuschung bedroht den Artenreichtum in unseren Alpen. Besonders die Grünerle (Alnus viridis) überwächst zunehmend schöne, traditionelle Alpweiden.

Eine neue Studie von Agroscope und ETH zeigt aber, dass robuste, traditionnelle Schaf- und Ziegenrassen die Verbuschung erfolgreich bekämpfen können. Die ForscherInnen haben das Fressverhalten von Rindern, Engadinerschafen und Ziegen studiert und gemessen, wie stark diese die Sträucher schädigen.

Die Rinder waren dabei am wenigsten erfolgreich. Sie frassen zwar die Blätter der Grünerle aber drangen nicht weit genug ins Gebüsch ein. Ausserdem schälten sie, im Gegensatz zu den Ziegen, die Rinde der Sträucher nicht ab. Dies ist aber für die lanfristige Eindämmung der Verbuschung nötig. Die Engadinerschafe zeigten eine besondere Vorliebe für die Rinde der Grünerle und schädigten diese Sträucher sogar deutlich stärker als es die Ziegen taten.

Engadinerschafe von Faunus bei der Bekämpfung der Grünerle im Turtmanntal (Juli 2018)

Diese Studie von Agroscope und ETH bestätigt, dass sich robuste Schafe und Ziegen zur Landschaftspflege auf verbuschten Alpweiden eignen.

Diese Erkenntnis deckt sich mit den praktischen Erfahrungen von Faunus: In den Jahren 2018 und 2019 haben unsere Tiere Grünerlengebüsch im Turtmanntal erfolgreich und nachhaltig zurückgedrängt und damit Lebensraum für wertvolle Pflanzen und Tiere wiedergewonnen.

Mehr zum Thema:

  • Pauler, C. M., Zehnder, T., Staudinger, M., Lüscher, A., Kreuzer, M., Berard, J. & Schneider, M. K. (2022). Thinning the thickets: Foraging of hardy cattle, sheep and goats in green alder shrubs. Journal of Applied Ecology, 00, 1–12. https://doi.org/10.1111/1365-2664.14156

Zielartenförderung im lichten Wald

Im Zusammenhang mit dem Konzept Artenförderung Schweiz, hat InfoSpecies im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU) und in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Waldbiodiversität des Schweizerischen Forstvereins im Oktober 2020 einen Aktionsplan zur Zielartenförderung im lichten Wald erarbeitet.

Lichte Wälder befinden sich eher auf trockenen Standorten und bieten Lebensraum für eine grosse Anzahl an licht- und wärmeliebenden Arten, vor allem für viele Tagfalter, Flechten, Käfer, Blütenpflanzen und Vögel (Avinews, Dezember 2021). Sie alle profitieren vom lichten Kronenschluss und den dadurch entstehenden mikroklimatischen Bedingungen.

Aus verschiedenen Gründen, in erster Linie durch die Unternutzung (Verbot der Beweidung im Wald, traditionelle Nutzung) oder Übergang zur Hochwaldbewirtschaftung, sind lichte Waldstrukturen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts selten geworden. Damit haben sich auch die Lebensbedingungen für licht- und wärmeliebenden Arten verschlechtert.

Heute bedürfe lichte Wälder in der Regel einer spezifischen Pflege und/oder Nutzung. Der Aktionsplan koppelt die Arten- und Lebensraumförderung und beschreibt für lichten Wald geeignete Waldgesellschaften, inklusive Bewirtschaftungsgrundsätze, die auf die Bedürfnisse der Zielarten abgestimmt sind.

Faunus fördert die Erhaltung und Aufwertung von lichten Wäldern. Im Pfynwald, zum Beispiel, reduzieren wir die Strauchdichte, lichten die bodennahe Vegetation auf und fördern strukturreiche Flächen durch Beweidung mit Ziegen und Schafen. Zusätzliche, individuell auf den Ort und die Ziele abgestimmte Massnahmen, wie Ringeln, steuern die gewünschte Baumartenmischung und tragen zur Bekämpfung von Neophyten (z.B. die Robinie) bei, die die Biodiversität gefährden. Solche Massnahmen kommen unter anderem der kleinen Kronwicke (Coronilla minima) zugute, einer national prioritären Art, welche schweizweit nur im Mittelwallis vorkommt.

Ausgelichteter und beweideter Föhrenwald: die seltene kleine Kronwicke (gelb) ist in Vollblüte, weitere lichtbedürftige Pflanzenarten breiten sich aus und offene sonnige Bodenstellen laden viele Insektenarten ein.

Entbuschung schützt den bedrohten Leinkraut-Scheckenfalter

Durch Schafweide und Entbuschungsmassnahmen trägt Faunus zum Erhalt wertvoller Trockenwiesen- und weiden bei. Zum Beispiel im Riedboden, in der Gemeinde Zeneggen (Vispertal).

Während unsere Schafe das Altgras reduzieren, ringeln MitarbeiterInnen von Faunus Bäume, um sie zum Absterben zu bringen. So bekommen seltene lichtbedürftige Pflanzenarten mehr Licht, was ihr Wachstum fördert.

Eine dieser Pflanzen ist das italienische Leinkraut (Linaria angustissima). Ihm kommt eine besondere Bedeutung zu im Schutz des Leinkraut-Scheckenfalters (Melitaea deione berisalii), der sehr selten ist und als Unterart wahrscheinlich weltweit ausschliesslich in der Schweiz vorkommt [1]. Die Raupe des Schmetterlings ernährt sich nur vom Italienischen Leinkraut. Die letzten Bestände des schönen Falters sind stark bedroht, weil die Raupen kaum noch Nahrung finden.

Faunus hat im Frühling 2021 im Riedboden Setzlinge des Italienischen Leinkrauts gepflanzt. Entbuschungsmassnahmen und Bodenbearbeitung erhalten die Bedingungen für deren Wachsum und tragen so zur Förderung des Leinkraut-Scheckenfalters bei.

Andernorts haben Projekte zur Förderung des Leinkrauts (ProNatura, valeco) bereits positive Wirkung gezeigt.

[1] Litman J, Chittaro Y, Birrer S, Praz C, Wermeille E, et al. (2018) A DNA barcode reference library for Swiss butterflies and forester moths as a tool for species identification, systematics and conservation. PLOS ONE 13(12): e0208639. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0208639